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Ansichten eines Hare Krsna-Mönches
(ein Brief an Kristin)

Liebe Kristin,
der Hinduismus ist - wie Dir sicher schon aufgefallen ist - eine vielschichtige Angelegenheit.

Wenn Du mir Deine Adresse durchgibst, kann ich Dir Material zuschicken.

Hier in Kürze, was ich für wichtig halte:

Es gibt einen Hinduismus im kulturellen oder nationalistischen Sinne: Bei solchen Hindus geht es vor allem darum, an Äußerlichkeiten festzuhalten.
Dieses Phänomen findet man bei allen anderen Weltreligionen auch, die sich leider teils gegenseitig bekriegen. Der tolerante Dialog scheitert daran,daß man den inneren Gehalt der Glaubenslehren vernachlässigt und sich an äußeren Details und Dogmen festhält. Solche Hindus neigen leider - wie auch entsprechend Christen, Moslems und Juden - zu Gewalttätigkeiten.

Dann gibt es den Hinduismus, wo es um religiöse Philosophie und Praxis geht.
Da wird es schon interessanter. Im wesentlichen lassen sich folgende Strömungen finden:

Shaktas: Das sind diejenigen, die die Energien verehren, meist in der Verkörperung von Durga oder Kali oder der großen Mutter. Teilweise ähnelt diese Religionsform der Marienverehrung in südlichen Ländern wie Bayern, Italien oder Spanien. Man bittet die Mutter um Gesundheit, Glück etc., meist materielle Dinge, die man auch von der Mutter bekommen kann. Allerdings wäre es der Mutter lieber, wenn man sich auch dem Vater zuwenden und spirituelle Inhalte kultivieren würde.

Shivaiten: Shiva ist der Vater der Welt. Er ist schnell erfreut, wenn man ein wenig Entsagung auf sich nimmt. Er gewährt - ähnlich wie die Mutter - materielle Segnungen. Er befreit die ihm ergebenen Verehrer auch aus dem Kreislauf von Geburt und Tod, sofern diese materielle Genüsse satt haben und sich entsprechend spirituell betätigen. Für viele Shivaiten gibt es nichts höheres als Shiva. Sie halten Shiva für den höchsten Gott.

Vishnuiten: Shri Vishnu ist der Erhalter. Von Ihm geht alles in der Welt aus, auch Shiva, so jedenfalls sehen es die Vishnuiten. Vishnuiten sehen in Shri Vishnu den höchsten Gott. Shri Vishnu inkarniert sich regelmäßig sichtbar für uns auf der Erde, z. B. als Sri Rama etc. Fromme Vishnuiten wissen, daß man durch materielle Güter nicht glücklich werden kann. Sie verstehen, daß nur die Verbindung zu Gott, der Gottesdienst, glückbringend sind.

Diverse Halbgottverehrer: In Indien ist es für viele eine Gewohnheit, einen bestimmten Halbgott für den Höchsten zu halten, z. B. den Sonnengott, den Himmelsgott Indra, den Feuergott Agni etc. Das wäre z. B. dasselbe, wenn ich den Erzengel Gabriel als meine höchste Autorität verehren und dabei Gott selbst vergessen würde. Aber es ist leider eine Tatsache, daß für viele Hindus Gott Selbst in den Hintergrund tritt, und dafür ein bestimmter Engel oder Halbgott Dessen Stellung einnimmt. Warum? Weil der Halbgott über bestimmte Energien herrscht und Macht hat, dem Verehrer bestimmte Vorteile zukommen zu lassen. Solche Verehrer sind oft wie Menschen, die einen Regierungsbeamten bestechen möchten, um für sich etwas herauszuholen, was sie beim Präsidenten nicht bekommen würden. Diese Halbgottverehrung gleicht also oft einer Art von Bestechungsversuch. Da ein Halbgott tatsächlich eine individuelle Person ist, kann er natürlich einem Verehrer etwas gewähren, aber letztendlich ist auch der Halbgott von Gott Selbst abhängig und letzten Endes wird dann alles von Gott gelenkt, obwohl es dem Bestecher und dem Bestochenen gar nicht auffallen mag. Daher sagt Krishna in der Bhagavad-Gita, man solle nur Ihn alleine verehren, nicht die Halbgötter, da diese ohnehin Ihm unterstehen.

Brahmavadis: Es gibt dann auch noch Hindus, die das alldurchdringende Brahmnan für die höchste Realität halten, das sie sich als eine Art unpersönliche überall verbreitete Energie vorstellen. Sie möchten gerne mit diesem Licht eins werden und so den ewigen Frieden finden.

Mayavadis: Dann gibt es noch Mayavadis, die die Auffassung vertreten, ein jeder sei der Höchste Gott. Sie glauben, das Lebewesen werde selbst zu Gott, wenn es mit dem Brahman verschmilzt. Diese Lehre wurde vom großen Shankaraaufgestellt. Die Mayavadis glauben, das Lebewesen habe vergessen, daß es Gott sei.

Shrila Prabhupada, der Überbringer der Hare-Krishna-Bewegung, hat in dieses etwas undurchsichtige Geflecht Ordnung gebracht, indem er uns wichtige Bücher zur Verfügung gestellt hat. Wenn man sich mit der Hare-Krishna-Literatur beschäftigt, kommt man - was den Hinduismus betrifft - wirklich ein beträchtliches Stück voran. Es ist einfach NICHT so, daß jeder recht hat. Es ist nicht alles relativ! Die heiligen Schriften Indiens ergeben ein System, welches Sinn macht und uns ein Gesamtbild des Kosmos und der Transzendenz vermittelt.

Die Hare-Krishna-Bewegung zeigt uns den Weg zu SRI KRISHNA, dem Ursprung alles existierenden. In der Bhagavad-Gita, dem wichtigsten Buch der Hindus, sagt Sri Krishna Selbst, daß Er der Höchste ist. Es ist also keine Auslegungssache. Wenn man die Bhagavad-Gita als offenbarte Schrift anerkennt, dann bleibt einem nichts anderes übrig als auch Sri Krishna als höchsten Gott anzuerkennen, denn dies ist der wichtigste Inhalt der Bhagavad-Gita.

Shri Krishna erweitert sich über einige Stufen zu Shri Vishnu, Der ebenfalls allmächtige Eigenschaften hat. Die Vishnuiten sehen es genau umgekehrt. Sie denken, Shri Krishna sei eine Inkarnation von Shri Vishnu. Wir aber folgen der Aussage Shri Krishnas in der Bhagavad-Gita, wo Er Selbst sagt, daß er der Ursprung von allem ist.

Kurzum: Die Krisha-Geweihten müssen zu einer eigenen Kategorie gerechnet werden, da sie doch recht spezifische Inhalte lehren, und da gibt es wieder viele Untergruppierungen.

Zugegeben: Das klingt sicher verwirrend, aber es wäre gelogen, wenn ich Dir sagen würde, die Hindus wären sich einig.


Verbindendes bei den Hindus:

- Die meisten Hindus glauben an Reinkarnation.

- Die meisten Hindus glauben an das Gesetz des Karmas.

- Die meisten Hindus glauben an die Beseeltheit des gesamten Kosmos.

- Die meisten Hindus glauben an höhere Autoritäten im Kosmos, die die Welt lenken, wobei die Hauptgötter Agni (Feuergott), Indra (Himmelsgott), Vayu (Windgott), Varuna (Wassergott) und Surya (Sonnengott) von den meisten als existent anerkannt werden.

- Die meisten Hindus glauben, daß es insgesamt 33 Millionen kosmische Wesenheiten gibt, die den Kosmos leiten (ganz schön viel!).

- Die meisten Hindus glauben, daß es einen Gott gibt, der die Taten der Lebewesen in und auswendig kennt und der insbesondere die ganz üblen von ihnen nach dem Tod zur verschiedenen Höllen in der Unterwelt schickt. Die verhängten höllischen Strafen sind aber nicht ewig. Sie sind relativ kurz, werden aber von dem Leidenden als sehr lange empfunden (Denke daran, wenn Du beim Zahnarzt bist, wie lange einem da wenige Minuten erscheinen!!!). Wenn man in der Hölle schmort, hat man keinen grobstofflichen sondern nur einen feinstofflichen Körper. Der grobstoffliche Körper könnte die Martern keine Sekunde aushalten, denen er in der Hölle ausgesetzt wird (vergleiche hierzu die Göttliche Komödie von Dante; die Hölle, die Dante in diesem Werk beschreibt, stimmt so ziemlich mit dem Bild der Hindus überein, mit dem Unterschied, daß die Hindus daran glauben, daß die Höllenstrafen relativ kurz andauern aber lange empfunden werden.) Der Gott, der die Bösen zur Hölle schickt, heißt Yamaraja (der Todesgott).

- Die meisten Hindus glauben, daß der Kosmos 14 Ebenen umfaßt, wovon 7 gottzugewandt und sieben gottabgewandt sind. Die Erde gehört zur ersten Ebene der gottzugewandten Ebenen. Man kann also noch bis zum siebten Himmel aufsteigen, wenn man entsprechend fromm handelt.

- Die meisten Hindus glauben, daß der Kosmos wie ein Ei geformt und eine Art Gefängnis für Lebewesen ist, die sich nicht in Harmonie mit dem Absoluten befinden. Dieses Absolute wird allerdings auf verschiedenste Weise verstanden (s. oben, wo ich die Unterschiede erklärt habe).

- Die meisten Hindus glauben, daß das Absolute überall verbreitet ist, und daß die Universen nicht der endgültige Aufenthaltsort der Lebewesen ist. Vielmehr sollen die Lebewesen nach Befreiung aus den Gefängnissen der Universen streben, die im wesentlichen nur leidvolle Umstände darstellen.
Übrigens glauben die meisten Hindus, daß es unzählige Universen gibt, die wie Senfkörner in einem Sack zusammenhängen. Wir befinden uns in einem dieser Unviversen auf einem der unzähligen Planeten in einer von unzähligen von Ortschaften in einem von unzähligen Häusern und denken, wir seien sehr wichtig. Das nennt man Illusion. Wie die Befreiung von der Illusion aussieht, darüber haben die Hindus verschiedene Ansichten (s. o.).

- Die meisten Hindus glauben, daß es neben den Menschen, Tieren und Pflanzen auf der Erde noch sehr viele andere Lebewesen auf anderen Planeten gibt, die wir nicht sehen können. Viele dieser Lebewesen haben feinere Körper als wir und sind für uns meistens unsichtbar. Viele können sich - sofern sie dies wollen - für unsere Augen sichtbar machen. Hindus glauben im allgemeinen auch an Gespenster, Geister, Engel etc. Diese Lebewesen leben entsprechend
ihrem Karma auf verschiedenten Ebenen des Kosmos. Viele dieser Lebewesen haben viel mehr Fähigkeiten als wir Menschen uns dies auch nur vorstellen können. Dennoch sind diese Lebewesen zum allergrößten Teil auch nicht befreit oder 100 % glücklich, da sie ja noch im Kosmos gefangen sind. Viele dieser Lebewesen machen Propaganda für ihren Aufenthaltsort und wollen uns weismachen, daß wir auch zu ihnen kommen sollen. Das ist so ähnlich, wie wenn Leute im Urlaub waren und dann erzählen, wie schön es dort war, obwohl es halt gar nicht stimmt. Diese Tendenz zu betrügen findet man in allen bedingten Lebewesen. Neben diesen bedingten Lebewesen - so glauben die meisten Hindus - gibt es auch Lebewesen, die direkt aus der Transzendenz zu uns kommen, um uns hier rauszuholen. Sie sind nicht in Illusion, sondern durchschauen die ganze Angelegenheit.

- Die meisten Hindus glauben, daß man durch verschiedene Arten des Yoga Fortschritt auf dem Weg der Befreiung machen und letztendlich Befreiung aus der leidvollen kosmischen Situation erlangen kann.

Die wichtigsten Yoga-Arten, die mir einfallen, und die die Hindus im
allgemeinen anerkennen sind:

a) Karma-Yoga: Man handelt in dieser Welt pflichtgemäß, verzichtet aber auf einen Teil des Lohnes, den man für transzendentale Zwecke spendet.

b) Mystischer Yoga: Man übt sich in Körperstellungen (Astanga-Yoga) und versucht mit Atemübungen etc., eine friedvolle Situation für sich zu erreichen, um letztendlich Glückseligkeit in der Verbindung zum Absoluten zu finden.

c) jnana-Yoga: Der Yoga des Wissens. Man studiert heilige Schriften, um auf dem Pfad der Selbsterkenntnis voranzukommen.

d) Bhakti-Yoga: Man stellt alle Tätigkeiten des Körpers, Geistes etc. in den Dienst Gottes.

- Ein wichtiger Begriff für alle Hindus ist "DHARMA". Dharma bedeutet in etwa "die wesensgemäße Pflicht des Lebewesens". Für einen richtigen Hindu ist es sehr wichtig zu wissen, was seine Pflicht ist. Es geht also nicht um Lust und Laune sondern um die Lebenspflicht des einzelnen. Nur wer seinen Pflichten nachkommt, kann glücklich sein.

- Die Hindus glauben, daß alle Wesenheiten (auch Pflanzen, Tiere, Planeten, Berge, ja sogar Steine u. a.) beseelt sind. Daraus resultiert der Respekt vor der Natur.

- Kasten??? Die Hindus glauben im allgemeinen, daß ein Lebewesen einen bestimmten Platz zugewiesen bekommt - je nach Karma - und nicht viel Energie verschwenden sollte, um diesen Platz zu verändern. Leider hat dies zu einem verkrusteten und starren Kastensystem geführt, das die Hare-Krishnas ablehnen, da es überhaupt nicht mit den ursprünglichen Lehren Sri Krishnas in der Bhagavad-Gita vereinbar ist!!!

Im Grunde geht es darum, daß jeder Mensch je nach seiner Veranlagung und Befähigung eine bestimmte Aufgabe wahrnehmen können soll. Niemand soll durch falsche Verlockungen in einem Bereich tätig werden, für den er nicht qualifiziert ist. Das ist die Auffassung der Hare-Krishnas.

Die Hindus sind heute in dieser Thematik verschiedener Auffassung.

- Frauenunterdrückung??? Im traditionellen Indien ist es die Rolle der Frau, den Haushalt zu führen. Der Mann ist verpflichtet, die Frau in jeder Hinsicht zufriedenzustellen (mit Haushaltsgegenständen, Schmuck, Kindern etc.). Leider haben die Männer im Laufe der Zeit die Frauen mehr und mehr als minderwertige Wesen angesehen und sie schlecht behandelt. Diese Respektlosigkeit entspricht nicht dem Wunsch Gottes. Daher rächen sich die Frauen heutzutage an den Männern (ein weltweites Phänomen). Allerdings ist dies keine Lösung des Konflikts. Die Hindus sind in dieser Frage nicht einer Meinung sondern vertreten viele individuelle Auffassungen.

Die Hare-Krishnas treten dafür ein, daß Frauen entsprechend ihrer
Qualifikation tätig sein sollen. Frauen sollen darüber hinaus als Mütter wertgeschätzt und verehrt werden. Eine künstliche Gleichberechtigung lehnen wir ab, da niemand glücklich sein kann, wenn er eine Rolle spielt, die ihm gar nicht liegt. Aber: Schon der Gründer der Hare-Krishna-Bewegung gab seinen Schülerinnen dieselben Rechte wie den männlichen Schülern. Er machte keine Unterschiede. Die Natur zeigt allerdings immer wieder, daß Frauen eben doch nicht genau gleich sind wie Männer. Dieser natürliche Unterschied sollte nicht mit Gewalt beseitigt werden, da dies dem göttlichen Plan zuwiderläuft und Leid verursacht. Es gibt noch viel zu tun, das Verhältnis der Geschlechter zueinander zu harmonisieren. Ein Patentrezept ist nicht in Sicht, aber der gute Wille ist bei vielen spürbar. Leider gab und gibt es bei den Hare-Krishnas unterdrückerische Tendenzen, die bekämpft werden müssen. Auch Kinder wurden mißhandelt. Dies ist zwar traurig aber wahr. Frauen- und Kinderschänder werden jetzt mehr und mehr bloßgestellt, zurechtgewiesen und aus hohen Stellungen entfernt.

Ich hoffe, daß das zum ersten weiterhilft.

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